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meta.stasen
weltweit - unerwartet - zweistellig: Eine Wachstumsperspektive
2007
Mobile Klanginstallation in einem Tram-wagen der Linie 8 (Dresden-Hellerau) in 26 Stationen

mit 111 Lautsprechern, 16-Kanal-Audio mit Live-Input und 17 violett getönte Scheiben
Nachrichtensprecherinnen: Emily Harris, Dirk Döbrich, Kerstin Schreiber
Texte: Originalzitate zum Wachstum

Zufallsgenerierter Loop: 40min.
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Leitungen, Straßen und Gleise sind die Blutbahnen unserer Zivilisation. Waren, Informationen und Menschen werden transportiert von einem Ort zum anderen - pausenlos, betriebsam, unermüdlich.

Die Installation meta.stasen verwandelt einen Straßenbahnwagen der Linie 8 (Südvorstadt – Hellerau) in einen audiovisuellen Transformationsraum. Die Stadt erscheint in einem getönten Licht, Straßenbahngeräusche, Signale und Ansagen werden live musikalisch verarbeitet, so dass eine akustische und visuelle Verfremdung der gewohnten Sicht der Dinge entsteht. Thema der fahrenden Installation ist das Wachstum. Wie ein Zauberwort soll es alle sozialen und wirtschaftlichen Probleme der globalisierten Gesellschaft lösen. Unermüdlich soll es angetrieben werden - weltweit, permanent, unbeschränkt. In der Installation wird man mit der herrschenden Wachstumsideologie in allen Lebensbereichen konfrontiert - ob gesundheitlich, wirtschaftlich oder politisch - samt aller Auswüchse und Wucherungen.

Die Texte, die von Nachrichtensprechern des Dresdner Rundfunksenders MDR und des amerikanischen Nachrichtensenders NRP eingesprochen wurden, sind Originalzitate zum Thema Wachstum aus sieben verschiedenen Bereichen: Wachstum definitorisch, körperliches Wachstum und Wachstumshormone, Krebswachstum, Wirtschaftswachstum als Nachricht, Wirtschaftswachstum in Dresden, wirtschaftliche Wachstumsstratgien, politische Äußerungen zum Wachstum.
In ihnen wird das natürliche Wachstum, das immer beschränkt verläuft, ausser es entwickelt sich krankhaft, dem global propagierten Wirtschaftswachstum gegenübergestellt, das möglichst unbeschränkt verlaufen soll. Die Sprache der wirtschaftlichen "Wachstumsmacher und -treiber" wird konfrontiert mit der Sprache der Krebsforscher, die diese krankhafte Wucherung als eine Kommunikations-störung von Zellen ansehen, die sich "ihre Wachstumsbefehle selbst geben".

In diese Texte dringen nun musikalische Verarbeitungprozesse ein, schärfen die Wahrnehmung wie ein Kontrastmittel und machen das Thema audiovisuell erfahrbar, in Form einer raumakustischen Metastasenbildung mit 111 winzigen Lautsprechern. Die Lautsprecher kleben in kleinen Gruppen an den blaurot getönten Fenster-scheiben, und von jedem führt ein schwarzes Kabel an der Decke der Bahn nach vorn, so dass sich eine floral anmutende Wucherung ergibt. Jede Gruppe wird getrennt bespielt, so dass die Texte in zwei Perspektiven zu hören sind: als Stimmengewirr im Mittelgang der Bahn, das jedoch bei Annäherung an eine Lautsprechergruppe verständlich wird.
Allerdings kann unvermutet auch noch eine klangliche Metastasierung auftreten, durch ein Ringmodulationsverfahren, mit dem die gesprochenen Texte zu einem klangliches Zirpen mutieren, das sich mit hoher Geschwindigkeit durch den Fahrgastraum bewegt (13-kanaliger Surroundsound).

Gesteuert wird die Textreihenfolge durch die Straßenbahn selbst, in dem die Stationsansage mit dem charakteristischen DIngdong abgegriffen wird und als Zufalls-impuls für eine Texteinspielung dient. So ergeben sich entsprechend der 26 Stationen durch Dresden immer wieder abwechselnde Einspielungen. Dabei wird das wohlbekannte Dingdong-Signal selbst in seinen Frequenzen stets verändert wiedergegeben.
Die fünf Ansagelautsprecher an der Decke werden für klare Texteinspielungen genutzt, im Wechsel mit zwei zusätzlichen Bodenlautsprecher, um ein Wachstumsthema wie eine Ansage zu eröffnen ("Kann die Erde abstürzen, wenn zu viele Menschen auf ihr leben?"). Über die beiden Bodenlautsprecher sind auch die live aufgenommenen und mit Resonanzfiltern und Delays musikalisierten Fahrgeräusche der Bahn zu hören, die die grundlegende klangliche Atmosphäre in der Bahn bilden. Zusammen mit dem violett getönten Licht entsteht ein surrealer Eindruck sowohl innen wie draussen im Blick auf die Stadt. Die meta.stasen-Bahn fährt ohne festen Fahrplan, schwimmt mit im regulären Linienbetrieb, taucht unerwartet auf. Die Fahrgäste können frei wählen, wann und wo Sie zusteigen und wie lange Sie mitfahren. Die Fahrt in die getönte Zukunft ist frei.


>> Benutzte Wachstumstexte, für 3 Nachrichtensprecher/innen
>> Lautsprecheranordnung in der Tram, schematisch

Europäisches Zentrum der Künste Hellerau

21. Dresdner Tage der zeitgenössischen Musik
26. Sept. - 7.Okt. 2007

Hellerau EZK


Mit Unterstützung von
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