Kaum einer kennt sie: die Formel, die unsere Vorstellung von der Welt und des gesamten Universums vor hundert Jahren auf den Kopf stellte. Am 25.11.1915 veröffentlichte Albert Einstein den Abschluss seiner Allgemeiner Relativitätstheorie (ART), die eine völlig neue Sicht auf das Verhältnis von Raum und Zeit begründete, zusammengefasst in seinen berühmten - aber schwer interpretierbaren - Feldgleichungen, aufgrund derer sowohl die 'Schwarzen Löcher' wie auch die 'Gravitationswellen' vorhergesagt wurden - aber erst jetzt, 100 Jahre später, erstmals experimentell nachgewiesen wurden.
Die Formel, die unsere alte, newtonsche Vorstellung des gesamten Kosmos auf den Kopf stellte - und immer noch nahezu unvorstellbare Konsequenzen hinsichtlich Raum und Zeit nach sich zieht -, steht im Zentrum der audiovisuellen, interaktiven Installation "Im Gang der RaumZeit".
Auf einer in den Raum gelegten Textstrecke (markiert als gelbe Doppellinie) kann ein einzelner Besucher durch diese Formel hindurchwandern, sie hör- und sichtbar machen, abhängig von seiner Position und seiner Bewegung auf der Textlinie. Ein Laserstrahl misst die aktuelle Position des Besuchers auf der Linie, die über ein Computer-programm die entsprechende Sequenz aus der Feldgleichung hervorruft (akustisch über Funkkopfhörer, visuell als Projektion).
Konzeptionalität - Relativität - Experiment
Die Installation konzeptionalisiert die Feldgleichung auf ästhetische Weise, macht diese Formel im wörtlichen Sinne "zugänglich". Sie führt das theoretische Extrakt in eine sinnliche Form über, bringt sie ins Bewusstsein, mit Unschärfen und in beständig expandierender Form, mit unendlichen Variationen.
So einfach diese Begehung der RaumZeit durch die Formel hindurch erscheint, so komplex gestaltet sich das Erfahrungsbewusstsein, das in diesem Vorgang steckt: Zeitliches wird verräumlicht und Räumliches verzeitlicht. Eine Bewegung durch den Raum wird eine Bewegung durch die Zeit und umgekehrt. Die Besucher erfahren in der akustischen Texttopographie, in nuce, ein Wandern durch die RaumZeit. Und sie machen dabei eine grundlegende Erfahrung von Relativität, da es von Ihnen abhängt, was sie wahrnehmen: Der Beobachter verändert durch sein Beobachten das zu Beobachtende.
Zugleich wird der Besucher selbst Teil eines "physikalischen Experiments", vermessen wie bei den Graviations-wellen des LIGO-Versuchsaufbaus mit einem Laser – und wenn sie wie ein "Masseteilchen" auf der Linie durch den Raum wandern, bewirken sie selbst als "bewegte Masse" ja tatsächlich eine Krümmung der RaumZeit, wenn auch eine minimalst kleine, die eine noch unmeßbar geringere Gravitationswelle auslöst...